26
Sep
2010

Nicht mein Tag!

Als ich gestern Abend bzw. heute Morgen gegen 2 Uhr ins Bett ging, begann es zu regnen. Ich hoffte, dass es in der Nacht regnen würde, heute Morgen dann aber alles vorbei sein würde – weit gefehlt!
Wir verließen das Hotel etwa um viertel vor 9 bei Regen und fuhren durch das noch ruhige Stade, bogen ab in Richtung Twielenfleth, ab wo wir den Außendeich befuhren. Dieser Weg hatte nur einen Nachteil, den Regen. Nach ein paar 100 Metern näherten wir uns einem Fahrrad mit Hilfsmotor. Nicht so eines, wie man es zurzeit überall kaufen kann, nein, der Motor, eine Art Rasenmähermotor war in Eigenarbeit seitlich am Hinterrad angebracht worden. Etwas weiter vorn der Freund des „Mofa“-Fahrers, der eingepackt in seinen Regenponcho von mir angesprochen wurde. Er antwortete auf Englisch, dass er kein Englisch sprechen würde. Ich fragte ihn dann ebenfalls auf Englisch, ob er da nicht etwas verwechselt habe. Dies bejahte er und erzählte, dass die beiden, so wie wir, am Vortag in Cuxhaven aufgebrochen seien und sich heute etwa drei Kilometer von ihrem Nachtlager entfernt hätten. Die Nacht hatten sie in einem Zelt am Elbufer verbracht und ihr Ziel sei die Tschechoslowakei, ihre Heimat. Wir unterhielten uns noch ein wenig, bevor der „Mofa“ fahrende Kollege meinen Gesprächspartner zum Anhalten zwang. Sein Gefährt schien ihm doch einige technische Probleme zu bereiten. Ich bin mal gespannt, ob die beiden uns auf unserem Weg die Elbe entlang noch einmal begegnen. Unter anderem hatte er mich noch gefragt, ob ich Wettervorhersagen gehört hätte. Ich entgegnete, dass das Wetter ab Mittwoch besser werden würde worauf er antwortete, so schlecht, wie er es sich vorgestellt habe, sei das Wetter doch gar nicht. Kaum zu glauben, es regnete ohne Unterlass und ich stellte mir ernsthaft die Frage, was noch schlimmer sein konnte.
P9260026Wir setzten unseren Weg alleine fort, ließen die Fähre Lühe-Schulau links liegen und fuhren weiter bis Cranz, um dort die Fähre nach Blankenese zu nehmen. Nach einer halben Stunde Wartezeit legte diese dann endlich ab und wir erreichten einen der schönsten Hamburger Stadtteile. Frohen Mutes, trotz Regen, fuhren wir am Elbufer entlang bevor plötzlich mein Hinterreifen rasant an Luft verlor. Schließlich war er so platt, dass ich nicht mehr weiter fahren konnte. Da der Weg am Elbufer nur von Fußgängern und Fahrrädern benutzt wurde, standen wir vor einem großen Problem. Eine Luftpumpe hatte ich nicht mit und Winnies Luftpumpe nützte mir nichts, da ich Autoventile an meinem Fahrrad habe.
Winnie rief seinen in der Nähe wohnenden Sohn Andreas an und berichtete ihm von meinem Problem. Andreas setzte sich in Bewegung, fuhr zu einer Tankstelle, wo er ein Luftdruckmessgerät auslieh und zu dem von Winnie genannten Treffpunkt kam. Für mich hieß dies allerdings, dass ich mein Fahrrad ca. einen Kilometer zurück schieben musste. Nein, schieben ging nicht. Der Mantel hatte sich bereits von der Felge gelöst und blockierte das Hinterrad. So musste ich mein Rad bzw. das Hinterrad tragen (das Vorderrad mit den Packtaschen blieb auf dem Boden), was einerseits unschön war, weil man es nirgendwo so anfassen konnte, dass es nicht irgendwo der Hand Schmerzen erzeugte und andererseits, weil es auch die Kräfte sehr beansprucht, ein Fahrrad praktisch einen Kilometer weit zu tragen.
Unser anvisiertes Tagesziel Lauenburg rückte in immer weitere Ferne. Schließlich erreichte ich Andreas mit dem Luftdruckmessgerät. Ich reparierte den Reifen ohne das Hinterrad auszubauen, befühlte den Mantel von innen um eventuell den Grund für den Plattfuß zu finden. Ich fand nichts und baute wieder alles zusammen. Mit der letzten Luft aus dem Luftdruckmessgerät pumpte ich den Reifen auf um nach etwa eineinhalb Kilometern zur Kenntnis nehmen zu müssen, dass meine Reparatur nicht den erwünschten Erfolg gehabt hatte. Wieder war der Reifen platt. Wieder rief Winnie seinen Sohn Andreas an. Wieder kam Andreas, diesmal aber luden wir das Fahrrad in den Kofferraum seines Oldtimers, einem Mercedes, den er vor ein paar Jahren in Frankreich erworben hat. Da Andreas über Wohneigentum in Frankreich verfügt, ist das Fahrzeug mit seinen gelben Scheinwerfern auch immer noch dort zugelassen.
P9260028Andreas fuhr mit mir zu einer Tankstelle, Winnie folgte mit dem Rad. An der Tankstelle angekommen, ließ es Andreas keine Ruhe und er baute das Hinterrad aus, um die Reparatur fachmännischer durchführen zu können. An dieser Tankstelle gab es nur ein stationäres Luftdruckmessgerät. Bei diesem Gerät musste man den gewünschten Luftdruck vorher eingeben und dann an das Ventil anschließen. Nun ermittelt das Gerät den tatsächlichen Druck und füllt bis zum gewünschten Druck auf.
Manchmal kam es vor, dass der Nachfüllvorgang ständig wiederholt wurde, so dass man diesen manuell stoppen musste. Gerade war ich noch einmal dabei, Luft in den Schlauch zu füllen, um das Flicken vorbereiten zu können, da entdeckte Andreas im Mantel den Glassplitter, der für die Pannen verantwortlich war. Mein Interesse war geweckt und ich wendete mich Andreas zu. Leider bemerkte ich zu spät, dass das Gerät den Schlauch immer weiter mit viel zu viel Luft befüllte. Als ich dann doch spürte, dass der Schlauch immer dicker wurde, versuchte ich, ihn vom Gerät zu trennen.
Zu spät: der Schlauch platzte mit einem lauten Knall. Just in diesem Moment fuhr Winnie auf die Tankstelle und bedankte sich für den Böllerschuss zu seinem Empfang. Für mich hieß dieses Missgeschick: das war’s für heute!
P9260029Doch ich hatte die Rechnung ohne den Don gemacht. Andreas „Don Limon“ Schindler, dessen Antlitz wir auf unserer Tour vor drei Jahren im Gegensatz zu heute lediglich auf dem Label seiner Limetten (www.don-limon.de) in der Auslage des Feinkosthauses Dallmayr in München gesehen hatten, gab nicht auf. Wir luden das Fahrrad erneut in den Kofferraum seines Mercedes und fuhren zu ihm nach Hause. Winnie war froh, bei dieser Gelegenheit seinen Enkelsohn wieder zu sehen und ich war froh und dankbar, dass Andreas kurzerhand den Schlauch seines eigenen Fahrrads opferte, damit wir unsere Fahrt fortsetzen konnten. Andreas fuhr uns nach der erfolgreichen Reparatur wieder zu der Tankstelle, an der wir Winnies Rad hatten stehen lassen und wünschte uns für die Weiterfahrt viel Glück.
Ich habe es selten erlebt, dass jemand so selbstlos und hilfsbereit ist. Vielen Dank nochmals, Andreas!
Über die Elbchaussee, durch Altona, vorbei am Fischmarkt und den Landungsbrücken, durch die neue Hafencity, vorbei an der MS „Deutschland“, die sich heute für dieses Jahr von Deutschland verabschiedet, fuhren wir in Richtung Elbbrücken, um dann weiter unseren Weg entlang der Elbe fortzusetzen.
Ach ja, regnen tat es immer noch, der Regen wurde sogar wieder stärker. Ein Weg durch Vierlande, der von Bäumen gesäumt über mehr als zehn Kilometer geradeaus verlief, ohne jede Abwechslung, von den unterschiedlichen Beschaffenheiten des Weges einmal abgesehen, zehrte an unseren Nerven. Zu dem Regen kamen noch dicke Tropfen Regenwassers hinzu, die sich auf den Blättern sammelten, bevor sie von den Bäumen fielen. Ziemlich durchnässt wechselten wir in Höhe des Zollenspieker Fährhauses an den Deich und fuhren weiter Richtung Geesthacht.
Diesen Ort hatten wir nach der wegen meiner Pannen etwa dreistündigen Unterbrechung zu unserem neuen Ziel auserkoren. Als wir ihn etwa gegen halb 6 erreichten, waren wir froh, dass wir gleich ein Zimmer fanden und uns von dieser erlebnisreichen und nassen Etappe erholen konnten. Sichtlich ermüdet, beendeten wir das Abendessen recht pünktlich und nach Erstellen dieses Berichtes freue ich mich heute besonders auf mein Bett.
P9260031Eines muss ich aber noch erwähnen: nachdem Winnie gestern mit Turnschuhen unterwegs gewesen war, wechselte er heute wieder zu den bewährten Lederschuhen. In diesen fühlt er sich einfach wohler und sicherer. Heute allerdings hatte er auch in diesen mehrere Schluck Wasser gesammelt.
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