6
Okt
2010

Nachtrag

Nachdem unsere Radtour nun ein Ende gefunden hat, möchte ich mich bei allen bedanken, die uns mit Ihren Kommentaren oder Emails während der Tour Mut gemacht haben. Es ist ein schönes Gefühl, zu wissen, wer daheim am Schreibtisch mit uns leidet.
Noch ein Hinweis für alle, die diesen Blog zum ersten Mal angeklickt haben. Um die Berichte in chronologischer Reihenfolge lesen zu können, müsst Ihr ganz nach unten scrollen und dann „ältere Berichte“ anklicken. Dort dann erneut ganz nach unten scrollen und zu lesen beginnen. Seid Ihr wieder ganz oben angekommen, kann man wieder auf „neuere Berichte“ klicken, um den Rest der Story lesen zu können. Das geht natürlich nur von der Hauptseite http://fredir.twoday.net/ aus, auf der die Berichte untereinander stehen.
Ich wünsche allen Lesern viel Spaß und freue mich über positive Kritik. Negative Gedanken zu Form und Inhalt erzählt bitte Eurem Arzt – der unterliegt der Schweigepflicht.

5
Okt
2010

Endspurt

Bild0164Das mit der tschechischen Grenze haben wir uns geschenkt heute Morgen. Wir hatten heute etwas länger geschlafen und kamen dementsprechend erst spät, d.h. um 10:20 Uhr aus dem Hotel und hatten angesichts des bedeckten Himmels und der Strecke von sieben Kilometern hin und sieben Kilometern zurück, keine Motivation diese Strecke auf uns zu nehmen, nur um einen Grenzübergang zu sehen. Wir haben auch so genug vom Elberadweg gehabt.
Das stimmte natürlich nicht ganz, denn einer der schönsten Abschnitte lag ja immer noch vor uns. Auf dem kurzen Stück von 48 Kilometern, die wir heute gefahren sind, gab es viel zu sehen. Der Weg begann mit ein paar knackigen Anstiegen, denen glücklicherweise auch immer wieder Gefällstrecken folgen – im Gegensatz zum Gegenwind an den vergangenen Tagen. Wo ich ihn gerade erwähne, den Wind, er blies uns heute von hinten an, wenngleich nicht ganz so stark, wie er uns zuletzt vom Erreichen unseres Ziels, im Endeffekt erfolglos, zurückhalten wollte. Was aber auch auffiel, war, dass heute bald genauso viele Radfahrer unterwegs waren wie zuvor auf der gesamten Tour. Und das in beiden Richtungen. Der relativ entspannte Gesichtsausdruck der uns entgegen kommenden Radler dient zusätzlich als Beweis für den nicht mehr so ganz starken Wind.
Bild0165Nach einigen Kilometern gemütlichen Fahrens inklusive einer Fährüberfahrt ans linkselbische Ufer erreichten wir den Kurort Rathen. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf die Bastei. Von einer Wandereinlage nahmen wir allerdings Abstand, da meine Erkältung hierbei leicht hinderlich gewesen wäre und zudem das Wetter noch nicht besser geworden war.
So fuhren wir flott weiter auf dem Radweg Richtung Dresden, manchmal dachten wir, wir fliegen nur so dahin. Es war sehr angenehm, mal wieder den Wind im Rücken zu haben. Eine etwas längere, abschließende Pause gönnten wir uns aber doch.
Bild0167Im SchillerGarten (so benannt, weil Friedrich Schiller hier zwischen 1785 und 1787 öfter zu Gast war), gönnten wir uns einen kleinen Snack und, erstmals vor Beendigung der Radtour, ein Bier. Oder zwei. Der SchillerGarten liegt direkt an einer Sehenswürdigkeit Dresdens, dem Blauen Wunder. Dieser Name gehört zu einer Brücke, die früher einmal grün gewesen sein soll, jedoch sind durch Sonneneinwirkung und/oder Witterungseinflüsse die Gelbanteile der Farbe verschwunden und sie wurde blau.
Bild0170Weitere Sehenswürdigkeiten gab es ein paar Kilometer weiter Elbe abwärts zu sehen. Die drei Schlösser Albrechtsburg, Eingner und Eckberg auf der rechtselbischen Seite zählen sicher dazu. Kurz darauf mussten wir wegen einer Großbaustelle einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. Hier wird der Brückenbau vollzogen, der dazu führt, dass das Dresdner Elbtal seinen Titel als Weltkulturerbe verliert.
Kurze Zeit später erreichten wir dann erneut die Dresdener Innenstadt. Ein Abschlussfoto vor der Semperoper war Pflichtprogramm, bevor wir uns gegenseitig zur erfolgreichen Durchführung unserer Radtour gratulierten.
Jetzt müssen wir nur noch den Abend rumkriegen, dann geht es morgen mit dem Zug zurück in unsere Heimatorte. Bis Bremen fahren wir gemeinsam, dann trennen sich unsere Wege.
Bild0171Es grüßen Winnie und Fredi!

P.S.: Fredi nach 877 km (ab Imsum), Winnie nach 845 km (ab Bahnhof Cuxhaven)

4
Okt
2010

Zum Glück gibt es die Sächsische Dampfschiffahrt

Der Wind hat nicht an Intensität abgenommen. Vielleicht ist er sogar stärker geworden. Für diesen Fall hatten wir uns bereits vorbereitet. So schliefen wir heute eine halbe Stunde länger (ist ja schließlich Urlaub), um dann ganz gemütlich in Richtung Dresden zu radeln.
PA040179Winnie musste erst noch in ein Fotogeschäft. Sein Akku war leer und ein Ladegerät mitzunehmen hat er nicht für nötig erachtet. Sonst hält der Akku ja immer sehr lange durch. Naja, dieses Mal eben nicht - und so hat er sich ein neues Ladegerät gekauft, während ich schon mal auf der Elbbrücke wartete und einen letzten Blick von Meißen in mich aufnahm.
Gut, ganz gemütlich wurde es ob des Windes natürlich nicht. Unser heutiges Ziel heißt Bad Schandau - allerdings ist das Ergebnis unserer Vorbereitung gewesen, dass wir lediglich bis Dresden Fahrrad fahren und den Rest des Weges mit dem Schiff zurücklegen. Soll doch das Schiff gegen den Wind und gegen den Elbstrom ankämpfen – wir nicht!
Bild0162Um 12 Uhr mittags konnten wir die typische Dresdener Skyline mit Frauenkirche, Schloss und Semperoper erkennen. Als wir etwas näher kamen, wollte ich ein Foto machen, mit Selbstauslöser, wie in Cuxhaven. Und dann? Fotoapparat kaputt. Den Fehler hatte der Apparat schon mal, vor gut einem Jahr als ich ihn fallen gelassen habe. Plötzlich verlangt er nach einer Neuformatierung der Karte. Kommt gar nicht in Frage. Dann sind ja alle Fotos weg. Und letztes Mal hatte sich der Apparat auch innerhalb einer Nacht von seiner Krankheit erholt. Also habe ich mich von Winnie mit meinem Mobiltelefon fotografieren lassen. Einen Selbstaulöser hat das Ding ja leider nicht. Deshalb konnten wir nicht beide aufs Bild.
Ein paar Minuten später waren wir in der Innenstadt, hatten unsere Schiffstickets gekauft und ließen uns in der Münzgasse nieder um bei einem Bier und einer Thüringer Rostbratwurst auf die Abfahrt des Raddampfers zu warten.
Bild0163Über fünf Stunden wird der Dampfer unterwegs sein. Endlich Zeit, im Internet die Ausgaben der Bremerhavener Nordsee-Zeitung aufzuarbeiten, die während meiner Abwesenheit erschienen sind.
Und morgen machen wir dann mit dem Fahrrad den Elberadweg komplett, in dem wir von Bad Schandau zuerst zur tschechischen Grenze und dann zurück nach Dresden fahren. Mit Rückenwind!

3
Okt
2010

Sturm aus Süd

Wunderbarer Sonnenschein empfing uns, als wir heute Morgen die kleine Pension in Labrun verließen. Die Begeisterung hierüber wurde jedoch schnell gebremst durch den Wind, der uns entgegen blies. Das Fahren heute würde also nicht leicht werden, da wir von unserer Grundrichtung Süden nur hier und da mal für ein paar hundert Meter abweichen würden.
Um es vorweg zu nehmen: wir sind heute erneut über 90 km gefahren bei der geringsten Durchschnittsgeschwindigkeit und gleichzeitig der größten Nettofahrzeit von etwa 6 Stunden auf dem Rad. Dementsprechend sind wir heute körperlich ganz schön erledigt.
PA030172Für Pausen haben wir uns dementsprechend nur wenig Zeit genommen. Sicher, alle paar Kilometer habe wir kurz angehalten, eine Kleinigkeit von unserer Wegzehrung gegessen oder getrunken. So zum Beispiel auf der Elbbrücke in Torgau, wo wir endlich wieder einmal die Seite wechseln konnten.
Auch hier ist der Wasserstand der Elbe hoch aber so dramatisch wie zuvor ist es nicht. Dies liegt vor allem wohl auch daran, dass die Schwarze Elster, ein Zufluss der Elbe zwischen Torgau und Wittenberg, sehr viel meisten Wasser führt und so die Elbe ab ihrer Mündung stark steigen lässt. So konnten wir heute den Elberadweg durchweg befahren und auch die eine oder andere Fähre war in Betrieb.
Dieses Angebot nutzten wir heute allerdings nicht. Wir blieben ab Torgau linkselbisch und erreichten gegen halb zwei die Stadt Riesa. Damit hatten wir unser Mindestziel für heute erreicht, doch einerseits sprach uns die Stadt nicht sonderlich an und andererseits hatten wir ja noch viel Zeit zum Fahren.
Der Wind war weitaus stärker, als in der Wettervorhersage angesagt. Das war keine Windstärke 2 bis 4, sondern eher 5 bis 6. Blätter flogen uns entgegen und das Wasser links und rechts des Weges kräuselte sich bereits. Wir kämpften also weiter gegen den stürmischen Wind, verspürten einen leichten Hass auf die uns mit großer Geschwindigkeit entgegenkommenden Radfahrer, die uns freundlich anlächelten. Wir konnten uns nur damit beruhigen, dass wir uns vorstellten, dass diese Radfahrer nur einen Tagesausflug machen und uns auf ihrem Hinweg entgegen kamen und später wieder zurück gegen den Wind würden fahren müssen.
PA030174Schließlich gönnten wir uns doch eine längere Pause. Gegenüber den ersten Weinbergen lag am Elbufer in Niederlommatzsch die Elbklause. Hier war viel los am Tag der Deutschen Einheit. Menschen saßen auf der Terrasse oder strömten von bzw. zur Fähre, die hier direkt vor der Tür in Betrieb war. PA030173Ein Blasorchester sorgte für musikalische Untermalung, hin und wieder unterstützt von einer Sängerin, die man meines Erachtens lieber hätte weglassen sollen. Hätte sie eine Oktave tiefer gesungen, hätte sie vielleicht nicht so viele Probleme bei den höchsten Tönen gehabt. Aber auch männliche Bandmitglieder übten sich im Gesang. So wurde beispielsweise das Kufsteiner Lied gespielt und gesungen (und das mit sächsischer Zunge). Die Auswahl dieses Liedes ebenso wie das Bild in der Pension von letzter Nacht, auf dem ein Teil des "Wilden Kaisers" abgebildet war, sollen mir wohl deutlich machen, dass alles, was ich von meinem Stammurlaubsziel Oberaudorf kenne, auch hier haben kann und mich so dauerhaft an die Elbe locken. PA020171Aber so leicht und so kitschig wird es Euch nicht gelingen!
Insgesamt erinnerte mich das ganze Ambiente stark an die Musikfilme der 50er Jahre. Ich rechnete fest damit, dass irgendwo Heinz Erhardt oder Harald Juhnke um die Ecke kommt.
PA030175Wir konnten aber nicht bleiben, mussten noch ein paar wenige Kilometer weiter. So erreichten wir nach einer weiteren guten Stunde unser heutiges Ziel, die Porzellanstadt Meißen. Hier kamen wir kurz nach 17 Uhr an und bekamen auch gleich ein Zimmer. Endlich konnten wir uns ausruhen, nach dem heutigen Pensum haben wir uns das auch verdient, möchte ich behaupten.

2
Okt
2010

Labrun

Kalt war es heute Morgen, als wir die Tiefgarage unseres Hotels in Dessau verließen. Zunächst einmal galt es, den Weg aus der Stadt heraus zu finden zumal der Elberadweg wegen einer Großbaustelle einerseits und des Hochwassers andererseits, nicht befahrbar war.
Wir landeten auf einer Hauptstraße mit viel Autoverkehr. Als wir diese verließen um den Elberadweg wieder zu finden, kam uns eine Radfahrerin entgegen, die uns erzählte, dass auch in diesem Bereich der Radweg überspült sei. Wir machten keine neuen Experimente und fuhren auf der Landstraße weiter.
PA020164Gegen 13 Uhr erreichten wir die Stadt Wittenberge (nein, wir sind nicht zurück gefahren – die Stadt, in der wir bereits gewesen sind, hieß Wittenberg). In dieser Stadt Wittenberge hat Martin Luther seine Thesen an die Tür der Schlosskirche geschlagen und liegt in dieser Kirche beerdigt. So viel Geschichte zwang uns natürlich zu einem kurzen Besuch.
PA020169Nach Erledigung dieses Besichtigunsprogramms setzten wir unsere Fahrt fort. Immer wieder, wenn wir versuchten, auf dem offiziellen Elberadweg weiter zu fahren, war dieser überspült. So fuhren wir heute – nein, fuhren ist das falsche Wort dafür, wir arbeiteten uns vor - mit Sicherheitsabstand zur Elbe überwiegend auf Landstraßen. Es waren wieder alle auf dem Weg befindlichen Fähren außer Betrieb, so dass wir die Elbseite nicht wechseln konnten.
Hinzu kam der Gegenwind. Von unseren heutigen 90 Kilometern hatten wir auf mindestens 70 Kilometern Gegenwind. Dementsprechend war unser heutiger Tag nicht wirklich schön.
Als wir uns dann gegen 17 Uhr auf Quartiersuche machten, war das erste von uns angesteuerte Hotel geschlossen. Wir erhielten den Tipp, ein Hotel in 3,5 km Entfernung aufzusuchen. Dies war durch Montagearbeiter einerseits und einer kombinierten Silber- und Goldhochzeit andererseits belegt. Im selben Ort fanden wir eine kleine Pension und waren froh, nicht mehr weiter radeln zu müssen.
Nach einer schnellen Dusche gingen wir zurück in das Hotel, das keine Zimmer für uns hatte, und aßen dort in Nachbarschaft der Feiergesellschaft.
Es ist schon erwähnenswert, in welcher ostdeutschen Provinz wir in den 20. Tag der Deutschen Einheit hinein schlafen werden. Der Ort heißt Labrun. Schon mal gehört? Nein? Wir auch nicht. Diesen Ort muss man auch nicht kennen.
Da ich unter einer langsam stärker werdenden Erkältung mit lästigem Schnupfen leide, habe ich hier die Erholung, die mein Körper braucht. Morgen geht es schließlich weiter. Bloß weg von hier!

1
Okt
2010

Feucht im Tritt

Winnie hatte seinem Bekannten, genauer, seinem Anwalt, erzählt, dass wir um 8 Uhr frühstücken, so dass er uns dort treffen konnte. So spät haben wir die ganze Woche noch nicht gefrühstückt. Aber gut, so konnten wir heute eine wenig länger schlafen.
Als wir uns dann zu dritt über die Erlebnisse unserer Tour unterhielten und darauf zu sprechen kamen, wie unglücklich es Winnies Spargelbauer gestern ergangen war, nicht nur mit dem Einbruch und dem Diebstahl sondern gerade auch mit der Bearbeitung des Vorfalls durch die örtliche Polizei, wendete Winnies Anwalt ein, dass wir den Vorfall nicht neutral beurteilen könnten, ohne die Vorgeschichte zu kennen. Vielleicht hatten ja der Spargelbauer und der Polizist bereits eine Beziehung zueinander, die nicht unbedingt von Sympathie geprägt war und so mitentscheidend für die Reaktion des Polizisten war. Es war wieder einmal ein Beispiel dafür, wie Anwälte denken (und wie schnell wir Ahnungslosen uns von dem Offensichtlichen beeinflussen lassen).
Es war schließlich fast halb 10, als wir an diesem Tag mit unseren Fahrrädern die Hotelgarage verließen und uns auf den Weg machten. Spät dran waren wir also heute. Da spielte es uns natürlich nicht in die Karten, dass der Elberadweg nach wenigen Kilometern, noch im Stadtgebiet Magdeburgs, überspült und unpassierbar war.
So fuhren wir auf der normalen Straße weiter in Richtung Schönebeck, dem nächsten Ort auf der linkselbischen Seite, bis wir plötzlich ein Fahrradgeschäft entdeckten. Sofort hielten wir an. PA010129Ich ging hinein und kaufte erst einmal einen Adapter für das französische Ventil, welches ich seit meiner Reifenpanne in Hamburg an meinem Hinterrad habe. Zudem nahm ich noch Kettenspray mit und bat den Inhaber des Geschäfts, sich Winnies Bremse anzuschauen, weil der Pedalweg sehr lang war. Er stellte die Bremse richtig ein und dann zeigte ich ihm auch noch meine Bremsbeläge, die an dem vergangenen Regensonntag sehr gelitten hatten. Mit vier neuen Bremsbelägen setzte ich dann die Fahrt bis zur nächsten Tankstelle fort. Hier wurden die Reifen endlich mal wieder richtig aufgepumpt, so dass ich anschließend das Gefühl hatte, deutlich weniger Rollwiderstand zu spüren.
PA010130In Schönebeck angekommen, wurden wir von drei Radfahrern überholt. Der erste grüßte uns, der dritte hatte einen Motor am Hinterrad: es waren die Tschechen, die wir am Sonntag im Alten Land kennengelernt hatten (ich wusste doch, dass wir die noch einmal wiedersehen). Später, an einer roten Ampel, unterhielten wir uns kurz. Die drei hatten Probleme gehabt und lagen hinter ihrem Zeitplan zurück. Sie werden die Tour in Kürze in Riesa abbrechen und im kommenden Jahr fortsetzen. Zunächst fuhren sie aber erstmal weiter.
Da gemäß den Verkehrsschildern die direkte Weiterfahrt auf der linkselbischen Seite nicht möglich schien, fragten wir Einheimische nach dem Weg. Schon in Magdeburg musste ich zur Kenntnis nehmen, was mir jetzt auch hier in Schönebeck bewusst wurde. Die von uns befragten Passanten konnten mir auf meiner Karte nicht eindeutig zeigen, wo wir uns gerade befanden. Wenn man mir in Bremerhaven, egal wo ich gerade bin, eine Karte unter die Nase hält, auf der nur die Umrisse der Stadt und vielleicht noch die Hauptstraßen eingezeichnet sind, könnte ich immer mit einer Abweichung von höchstens 100 m zeigen, wo ich gerade bin. Die Einheimischen hier scheinen eine Landkarte noch nie gesehen zu haben. Vielleicht hat man ihnen zu DDR-Zeiten nie eine Landkarte gezeigt, um zu verhindern, dass sie auch die westlichen Länder entdecken. Auf jeden Fall war auf die Auskünfte, die wir von den Eingeborenen erhielten, nur sehr eingeschränkt Verlass.
So mussten wir auch einen Umweg fahren, um schließlich die Brücke auf die rechtselbische Seite befahren zu können. PA010137Hier fuhren wir weiter zunächst bis zum „Pretziener Wehr“. Seit Tagen hatten wir davon gehört, dass, wenn das Elbehochwasser zu hoch wird, das Pretziener Wehr gezogen wird. Hiermit wird dann verhindert, dass Magdeburg überflutet wird. Das funktioniert folgendermaßen: das Pretziener Wehr liegt an einem Nebenarm der Elbe. Hinter dem Wehr liegt ein Umflutkanal, der bei gezogenem Wehr das Wasser der Elbe aufnimmt. In diesem Fall werden die Flächen jenseits des Wehrs überflutet und der Wasserstand der Elbe nimmt ab, insbesondere dort, wo Magdeburg liegt. Als wir dort ankamen, war das Wehr noch nicht gezogen. Das heißt, die Sperren, die das Wasser halten, waren noch nicht hochgezogen worden. Der Höhenunterschied des Wassers vor und hinter dem Pretziener Wehr betrug heute etwa 2,50 m. Wäre es bereits gezogen worden, hätten wir die Straße hinter dem Wehr nicht mehr passieren können und hätten auf dem Weg zurück fahren müssen, auf dem wir gekommen waren. So aber hatten wir Glück.
PA010139Allerdings hatten wir etwa 10 Kilometer weiter damit zu kämpfen, dass das Wehr noch geschlossen war. Unser Radweg stand im Wasser. Nicht komplett, aber über eine Strecke von vielleicht 20 m. Wir wollten nicht zurück und so durchfuhren wir diesen überspülten Streckenabschnitt. Noch viermal erlitten wir das gleiche Schicksal. Die ersten drei „Pfützen“ ließen sich noch halbwegs feucht überqueren, nach der vierten Wasserdurchfahrt waren schließlich unsere beiden Füße inkl. Socken und Schuhen total nass. Glücklicherweise schien heute durchweg die Sonne und gemeinsam mit dem Fahrtwind wurde alles wieder trocken. So ziemlich wenigstens – später im Hotel waren wir immer noch feucht im Tritt, heißt: die Socken waren immer noch recht nass.
Auf den letzten 15 Kilometern vor unserem Ziel lag ein Fahrrad am Wegesrand – daneben stand einer der drei Tschechen. Sein Reifen, in diesem Fall der Mantel, war kaputt. Alleingelassen von seinen Mitfahrern wartete er auf Hilfe. Da er weder Deutsch noch Englisch sprach und ich außer tschechischem Bier und einem tschechischem Tennistrainer noch keinen Kontakt zu diesem Land hatte, konnten wir uns leider nicht verständigen.
So fuhren wir weiter und kamen um kurz vor 18 Uhr in Dessau an, fanden ein Hotel und fragten, ob es noch möglich wäre, eine Massage zu bekommen. Wahrscheinlich durch das Radfahren habe ich einen verspannten Nacken und manchmal zieht der Schmerz unangenehm in den Kopf. Der Masseur hatte zwar eigentlich um 18 Uhr Feierabend, gab uns aber dennoch Termine um 18:15 Uhr und um 18:45 Uhr. Da Winnie nicht zuerst massiert werden wollte, hatte ich gerade noch 11 Minuten Zeit bis zu meiner Massage, als ich auf mein Zimmer kam. Also schnell ausziehen, duschen, ab in den Bademantel und in den Wellnessbereich. Ich schaffte es gerade so.
Es hat sich gelohnt. Ich erzählte dem Masseur von meinen Problemen und von der Radtour, auf der ich mich befinde und er verpasste mir eine spezielle Radfahrermassage. Super! Winnie ging es schließlich genauso, er war von der Massage ebenso begeistert.
Jetzt fehlte nur noch ein gutes Abendessen – das Mittagessen hatten wir ja ausgelassen, weil wir so spät dran waren heute Vormittag – und das bekamen wir im Brauhaus von Dessau.
PA010144Es war ein wirklich schöner, abwechslungsreicher Tag. Der Elberadweg war zwar nur eingeschränkt befahrbar und sämtliche Fähren auf unserem Weg waren wegen des Hochwassers außer Betrieb, aber gerade diese Situation war auch spannend. Wir wussten nie, ob und wie wir weiterkommen. Aber wir haben es immer geschafft, irgendwie.

30
Sep
2010

Das Wasser steigt!

P9300103Wir kamen heute Morgen aus dem Hotel und die Sonne schien. Keine Wolke am Himmel. Das haben wir bei dieser Reise überhaupt noch nicht erlebt. Heute waren wir wirklich pünktlich, saßen schon um kurz vor 9 Uhr auf dem Rad und begannen unsere Fahrt, nicht ohne noch einen letzten Blick auf Tangermünde zu genießen wie es so dalag in der langsam aufsteigenden Sonne.
P9300104Nach einer guten Stunde erreichten wir Bittkau. In diesem Ort wohnt der Maler Benno Zöllner, der vor 2 Jahren, bei der „Lütten Sail“ bei einem Empfang, zu dem Martina und ich eingeladen waren, Gäste portraitierte. Er begann mit einem Portrait von mir. Martina nutzte die Gunst der Stunde und holte unsere Kinder dazu. Schließlich hatten wir Portraits der ganzen Familie. Nun wollte ich diesen Maler mal bei sich in seinem Atelier besuchen. Das Haus, das Winnie und ich fanden, machte einen etwas verwilderten Eindruck mit lustigen Elementen wie z.B. dem Hinweis auf die Flaschenpoststation Bittkau. Benno Zöllner fanden wir jedoch nicht und so setzten wir unseren Weg fort.
Ein paar Kilometer weiter verließen wir den Elberadweg und bogen in Richtung Cobbel ab. Hier hat Winnie einen Spargellieferanten und wollte die Gelegenheit nutzen, ihn zu besuchen. Als Winnie dann dort klingelte, waren seine Lieferanten, anwesend waren Mutter und Sohn der Familie, überrascht und begeistert von seinem Besuch.
Allerdings hatte der Tag für die beiden mit einer Überraschung der bösen Art begonnen. In ihre Scheune war eingebrochen worden und ein Lieferwagen, zwei Motorsägen und weitere Gartengeräte waren gestohlen worden. Die herbei gerufene Polizei nahm recht unmotiviert die Spuren auf und schien kein Interesse an einer weiteren Verfolgung dieser Strafsache zu haben. Als der Sohn des Hauses dieses Gefühl in Worte kleidete, stellte der verantwortliche Polizist die Arbeit ganz ein und verließ den Hof.
Uns, die wir in friedlicher Absicht gekommen waren, wurde Apfelschorle angeboten und Mettbrötchen wurden geschmiert. So konnten wir heute auf unser Mittagessen verzichten und setzten den Weg Richtung Magdeburg fort. Beim Übersetzten mit der Fähre erfuhren wir, dass der ständig steigende Wasserstand der Elbe voraussichtlich dazu führt, dass die Fähre am nächsten Tag nicht fahren würde. Da kann ja noch was auf uns zukommen.
P9300114Eine gute dreiviertel Stunde später erreichten wir die Wasserstraßenkreuzung von Elbe und Mittellandkanal. Der Kanal führt als eine Brücke über die Elbe. Dieses Bauwerk wurde zwar erst nach der Wiedervereinigung errichtet, die Idee dazu gab es aber bereits zu Hitlers Zeiten und einige Fundamente sind bereits damals entstanden.
Dies erfuhren wir von einem Radfahrer, der uns darauf hinwies, dass der Elberadweg in Richtung Magdeburg für uns unpassierbar sei. Er wäre dort zwar gefahren, hätte sich aber Schuhe und Strümpfe ausgezogen und die Hose hochgekrempelt, um so das Wasser zu überwinden. Bis oberhalb seiner Kette hätte das Wasser gereicht, erzählte er. Wie als Beweis quietschte seine Kette nun.
Wir nahmen daraufhin eine abweichende Route und fuhren entlang einer viel befahrenen Straße in Richtung Innenstadt. Etwa zehn Kilometer führte uns dieser Weg durch wenig attraktive Industriegebiete. Als wir dann die Hauptstraße verließen, fragten wir andere Radfahrer nach dem Weg, es war nicht mehr weit bis zur Innenstadt. Wir mussten allerdings noch eine Brücke überwinden, die auf beiden Seiten steile Stufen hatte. Mit unseren mit schwerem Gepäck beladenen Rädern war es nicht einfach, dort rüber zu kommen. Wir mussten uns schon gegenseitig helfen.
Endlich im Zentrum angekommen, erkundigte Winnie sich bei einem Bekannten, der in Magdeburg wohnt, nach einem guten Hotel. Dessen Tipp nahmen wir an und hatten nach langer Zeit mal wieder ein Hotel mit Schwimmbad. P9300119Dieses und auch die Sauna nutzten wir zu Erholung, bevor wir die Stadt ein wenig erkundeten und dann bei einem Italiener sehr gut essen gingen.
Nun bleibt nur zu hoffen, dass wir morgen unseren Weg fortsetzen können und nicht das Elbehochwasser uns einen Strich durch die Rechnung macht.

29
Sep
2010

In der Schule

P9290079Heute Morgen konnten wir nicht, wie an den vergangenen Tagen, zwischen 7 und halb 8 frühstücken, da die Betreiberin unserer Pension so früh noch keine Zeit für uns hatte. Kurz vor 8 nahmen wir dann aber das liebevoll hergerichtete Frühstück zu uns. Wir waren heute Nacht die einzigen Gäste in dieser Pension, die erst im April von der jetzigen Wirtn übernommen wurde. Nach einem sehr guten Sommer, so berichtete sie, sei es jetzt schwierig für sie, sich daran zu gewöhnen, dass die Saison vorbei und damit kaum noch etwas zu tun sei. Für uns hat das aber den Vorteil, dass wir auf unserer Tour keine Zimmer vorbestellen müssen.
Es war noch keine 9 Uhr, als wir unsere heutige Fahrt in Angriff nahmen. Unser Ziel hieß Tangermünde und war gemäß den Angaben in den Elberadwegbeschreibungen etwa 90 bis 95 km entfernt. Also hieß es, erst einmal Strecke zu machen. P9290080Bereits gegen 11 Uhr erreichten wir die Mündung der Havel in die Elbe, wenig später passierten wir Havelberg bevor es bei Sandau mit der Fähre vom rechtselbischen ans linkselbische Ufer ging.
Nach nicht einmal zwei weiteren Kilometern legten wir eine Mittagspause ein. Anschließend fuhren wir auf direktem Weg weiter in Richtung Tangermünde. Etwa zehn Kilometer vor unserem Ziel nahmen wir im Schloss Storkau, welches zu einem Hotel umgebaut wurde, einen Kuchen zu uns.P9290084 Bereits um etwa halb fünf erreichten wir unser Ziel Tangermünde und waren nur knapp mehr als 80 km unterwegs gewesen. Durch die eine oder andere Abkürzung haben wir doch einige Kilometer gespart. So hatten wir Zeit gewonnen für einen Stadtbummel durch die mehr als 1000 Jahre alte Kaiser- und Hansestadt Tangermünde.
Unser Spaziergang endete in der früheren Schule, in der heute ein Restaurant betrieben wird. Allerdings ist die Einrichtung noch die gleiche wie in einer Schule vor vielen Jahren. P9290102Winnie und ich saßen an einem Schultisch, wo wir mit hier in Tangermünde hergestellten „Kuhschwanzbier“ und gutem Essen versorgt wurden. In der Zeit, während wir auf das Essen warteten, entdeckten wir alte Schulbücher in dem Fach unseres Schultisches, überwiegend aus DDR-Zeiten. Dieses Lokal ist wirklich sehenswert und bildete das Highlight eines Tages, der ansonsten geprägt war von dem Willen, möglichst schnell ans Ziel zu kommen.
Deshalb hier noch eine kurze Bemerkung zu Winnies neuem Fahrrad. Mit dem alten Rad hat er die Tour nach Oberaudorf vor drei Jahren gut mitgefahren, musste sich teilweise aber doch sehr anstrengen. Dies ist bei seinem neuen Rad anders. Winnie ist schneller als mit dem alten Rad und so ist es nur noch von der Tagesform abhängig, wer sich ein wenig mehr anstrengen muss als der andere. Heute sind wir eigentlich immer gleichauf gewesen und haben unser Ziel recht zügig erreicht.
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